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Töpfern an der Drehscheibe – Diese 9 Schritte braucht es

Drehen ist eine der Möglichkeiten wie der Ton in Form gebracht werden kann. Wer das Drehen professionell beherrscht, kann in sehr kurzer Zeit relativ viele Teile fertigen.

Das Drehen an der Töpferscheibe hat fast jeder schonmal gesehen und es sieht ja so einfach aus. Kleiner Spoiler-Alarm: Nein, das ist gar nicht so leicht und es braucht hier wirklich einfach sehr viel Übung. Aber das soll überhaupt kein Hinderungsgrund sein das nicht trotzdem auszuprobieren, deshalb möchte ich dir heute einen kurzen Einblick geben, wir der prinzipielle Ablauf dabei ist.

Das Töpfern an der Drehscheibe lernst du nicht in der Theorie und auch nicht indem du möglichst viele Zeitraffer Videos anschaust 😉. In einigen Werkstätten (wie meiner zum Beispiel) wird die Arbeit an der Drehscheibe gezeigt, trau dich ruhig das mal auszuprobieren!

Materialien

Schwierigkeitsgrad
sehr schwer bzw. viel Übung
Zeitaufwand
abhängig vom Können

Vorbereitung

Zum Drehen brauchst du viel Wasser. In eine große Schüssel fülle ich Wasser und lege mir einen Schwamm, die Kammschiene und die Nadel bereit.

Sitz Probe an der Scheibe und richte dich so ein, dass du einen stabilen Sitz hast. Das bedeutet, dass du entweder die Höhe des Hockers anpassen kannst, oder du zum Beispiel Ziegelsteine unter deine Füße legen solltest, wenn du mit deinen Fersen sonst nicht auf den Boden kommst. Es ist wichtig, dass du gerade sitzt und deine Arme gut auf deine Beine auflegen kannst, denn von dort kannst du viel Stabilität und Kraft holen, die du zum Zentrieren brauchst.

Schneide dir nun mit der Drahtschlinge ein frisches Stück Ton ab. Du solltest unschamottierten Ton verwenden und musst besonders darauf achten, dass keine Lufteinschlüsse im Ton sind.

Die meisten Töpfer „wedgen“ auch den Ton vor dem Drehen um den Ton zu homogenisieren. Der Ton, den ich verwende muss nicht unbedingt vorher durchgearbeitet werden. Insbesondere, wenn die Technik nicht richtig beherrscht wird, hat man hier eher nachteilige Ergebnisse.

Aus dem zurechtgeschnittenen Stück formst du nun eine Kugel und wirfst sie mit einigem Schwung möglichst mittig auf die trockene Drehscheibe.

Tipp: Wenn Du nach einiger Übung gleichgroße Teile drehen möchtest, macht es Sinn vorher gleichgroße Stücke abzuwiegen.

1. Zentrieren

Das Wichtigste beim Drehen ist, dass Du den Ton am Anfang wirklich sehr schön mittig auf der Scheibe zentrierst.

Wann immer Du mit deinen Händen an den Ton gehst, sollten deine Hände gut feucht sein! Versuch nie den Ton auf der Scheibe festzuhalten, sondern Du drückst den Ton vielmehr an seine Position und der Flüssigkeitsfilm zwischen deinen Händen und dem Ton stellt sicher, dass du nicht hängen bleibst. Sobald du das Gefühl hast, dass du klebst, musst du die Hände wieder befeuchten – das ist am Anfang wirklich häufig, es braucht viel Wasser!

Bei Rechtshändern dreht sich die Scheibe gegen den Uhrzeigersinn. Bei Linkshändern entsprechend andersherum. Zum Zentrieren wird die Drehscheibe (meist über ein Fußpedal) auf die maximale Geschwindigkeit eingestellt.

Nun gehst Du mit den feuchten Händen von außen an den Ton und drückst ihn in die Mitte. Der Ton wird dabei abwechselnd von den Seiten zur Mitte zusammengedrückt, wird dabei höher und dann wieder flach nach unten gedrückt. Von Zeit zu Zeit solltest du mit dem rechten Winkel der Kammschiene die sich bildende Schleimkante unten entfernen.

Das Zentrieren ist zu Beginn das Schwierigste. Ist der Ton nicht komplett in der Mitte, bevor Du den nächsten Schritt beginnst, wirst du keinen Erfolg haben, weil Du dann keine einheitliche Wandstärke hinbekommst und dein Stück früher oder später kollabiert.

Du merkst, dass der Ton komplett in der Mitte ist, wenn die Rotation gar nicht mehr spürbar ist, wenn du deine Hände anlegst, sondern sich der Ton als fester Block in der Mitte ohne zu eiern oder zu vibrieren dreht. Ich helfe meinen Teilnehmern hier meist noch beim letzten Stück, damit sie dann auch die anderen Schritte üben können.

2. Öffnen

Ist dein Stück Ton komplett in der Mitte, reduzierst Du die Drehgeschwindigkeit deutlich und suchst mit deinen beiden Daumen die Mitte des Tonstücks. Nun kannst Du hier vorsichtig und langsam, immer mit feuchten Händen, den Ton nach unten drücken, sodass Du ein Loch in der Mitte erhältst. Geh dabei soweit nach unten, dass Du noch ca. einen Zentimeter bis zur Drehscheibe hast.

Tipp: Wenn Du nicht einschätzen kannst, wie hoch der Boden deines Gefäßes noch ist, kannst Du die Scheibe ausschalten und mit der Nadel vorsichtig direkt von oben in den Boden stechen. Dabei hältst Du dann die Nadel zwischen Daumen und Zeigefinger fest und ziehst sie wieder heraus. Dann siehst du, wieviel Boden du noch hast. Das Loch verschwindet später wieder, wenn du den Boden während der Rotation nochmal ein bisschen massierst.

3. Wände hochziehen

Nachfolgend sollte die Geschwindigkeit noch weiter reduziert werden und die Wand wird im unteren Teil ein Stück zusammengedrückt. Dabei entsteht oberhalb dieser Stelle eine Tonwulst. Indem Du deine Hände nach oben ziehst, drückst Du die Tonwulst zusammen und die Wand wird dünner und höher. Hierbei solltest Du immer vorsichtig und Stück für Stück vorgehen. Der obere Bereich deines Gefäßes sollte unbedingt immer minimal nach innen stehen. Keinesfalls solltest Du ihn jetzt schon zu sehr nach außen klappen lassen, denn sonst hat dein Teil keine Stabilität mehr.

Prinzipiell ist es einfacher dein Teil später noch nach oben hin zu weiten. Es nachträglich wieder zusammenzuführen ist deutlich schwieriger. Deshalb ist es ratsam zuerst in die Höhe zu arbeiten und dann gegebenenfalls in die Breite.

4. Gleichmäßige Wandstärke

Ideal ist es, wenn Du eine einheitliche Wandstärke hinbekommst. Im Zweifel darf die Wand unten ein bisschen dicker sein und nach oben minimal abnehmen. Auf diese Weise stellst du sicher, dass der untere Teil deines Gefäßes den oberen Teil halten kann und nicht kollabiert. Eine gleichmäßige Wandstärke ist auch fürs Trocknen wichtig, denn Stellen die dünner sind, trocknen schneller und schrumpfen damit zuerst. Die dickeren Bereiche trocknen aber langsamer und es kommt somit zu Spannungen zwischen beiden Bereichen, die im Extremfall zu Rissen führen können.

5. Form anpassen

Bei noch geringerer Geschwindigkeit kann die Form angepasst werden. Dabei kann das Gefäß beispielsweise noch bauchiger gemacht werden. Nun darf auch der obere Rand nach außen gestellt werden, wenn Du das möchtest.

6. Oberkante bearbeiten

Pass nun die Oberkante an, indem Du sie spitz zulaufen lässt (für Trinkgeschirr) oder beliebig anders formst. Ganz vorsichtig und mit Gefühl arbeite ich dabei mit Daumen und Zeigefinger und drücke den Rand in Form.

7. Feuchtigkeit entfernen

Bevor Du dein Teil herunter nehmen kannst, solltest du mit dem Schwamm Schlick oder im Gefäß stehendes Wasser entfernen. Für das Abnehmen der Keramik ist es wichtig, dass nun außen kein Feuchtigkeitsfilm mehr ist, sonst rutscht man regelrecht von dem gedrehten Stück ab und bekommt es nicht heruntergehoben.

8. Rille zum Abschneiden

Mit der spitzen Seite der Kammschiene erstellst Du eine kleine Rille ganz unten am Gefäß, indem du sie ganz flach auf die Scheibe auflegst und dann gegen dein Teil gehst. Diese Rille soll Dir beim Abschneiden deines Stücks helfen.

9. Abschneiden und zum Trocknen stellen

Indem du den Schneidedraht fest um deine beiden Hände wickelst, schneidest Du dein Gefäß von der Drehscheibe ab. Dazu setzt du den Draht hinten auf dem Boden auf, spannst ihn zwischen deinen beiden Daumen und ziehst ihn zügig auf der Platte entlang zu dir heran. Nun musst du dein Stück sehr schnell mit trockenen Händen im unteren Bereich greifen, hochnehmen und vorsichtig auf einer Gipsplatte abstellen. Hier helfe ich meinen Teilnehmern meist, lasse sie abschneiden und hebe das Teil für sie runter, so geht es am schnellsten und der Ton klebt nicht sofort wieder an der Platte fest. Falls doch kann auch einfach nochmal mit dem Draht geschnitten werden.

Das Teil sollte nun abgedeckt für ca. 2 bis 3 Tage stehen und kann dann „abgedreht werden“, dazu später mehr.

Drehscheibe sauber machen

Falls Du noch ein Stück drehen möchtest, solltest Du den flachen Tonrest vom vorherigen Stück einfach auf der Platte belassen und das neue Stück wieder mit trockenen Händen auf die Platte werfen, dann kannst du gleich nochmal alle Schritte üben 😉.

Nein, wenn Teile kaputt gehen, kollabieren oder den Halt auf der Scheibe verlieren, kannst du sie in der Regel nicht nochmal verwenden. Also neues Stück und try again!

Wenn Du genug geübt hast, darfst Du die Tonreste und den Schlicker von der Scheibe entfernen. Das ist zwar nicht die schönste Aufgabe auf der Welt, geht aber ganz einfach mit einem feuchten Schwamm und klarem Wasser.

Drehen ist also nicht so einfach wie es aussieht. Sei deshalb auch bitte nicht enttäuscht, wenn nicht beim ersten Versuch zwei gleichgroße Tassen und eine große Vase herausrauskommen.

Professionelles Drehen ist immerhin ein Ausbildungsberuf, den man drei Jahre lang erlernt. Das habe ich auch nicht gemacht und will deswegen auch nochmal darauf hinweisen, dass diese Schritte hier keinesfalls in voller Ausführlichkeit dargestellt sind. In meinen Kursen kann ich natürlich viel besser schauen an welcher Stelle es Probleme gibt und helfend eingreifen. Trotzdem hoffe ich, dass Du nun einen groben Überblick hast, was alles zum Drehen dazu gehört.

Und Übung macht den Meister – viel Erfolg dabei!

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